Suche nach dem Urlaubsglück

Österreich sommerwerbungDie Österreich Werbung will künftig unter dem Leitspruch „ankommen und aufleben“ für höheres Aufkommen sorgen. Doch gibt es überhaupt Tage kurzfristiger Leichtigkeit in düsteren Zeiten? Beim ÖW-MarkenSymposium versuchten sich auch Philosoph und Tourismusforscher an Antworten.

Durch die Notwendigkeit einer Ausschreibung und eines Einspruchs gegen das Ergebnis musste die Österreich Werbung (ÖW) seinen werblichen Auftritt zuletzt selbst gestalten. Wie die Plakate für den nächsten Sommer dazu aussehen, wurde im Rahmen des diesjährigen ÖW-Markensymposiums präsentiert.

 

 

„Ankommen und aufleben“ sind die Worte, die laut ÖW-Markenmanager Michael Scheuch die Marke Österreichurlaub am Besten in digitale und klassische Werbemittel übersetzen. Als Ergebnis intensiver Recherche, was denn Österreich in den Köpfen der Welt darstellt: Vom kulturellen Zentrum mit historischem Schwerpunkt, über die „offenen Menschen, welche die Härten des Lebens zu relativieren vermögen“, die gerne als Gastgeber in Erscheinung treten. Gemäß Scheuch sind die fünf austrotypischen Zugänge des Gastes: Natur, Kultur, Kulinarik, Regeneration , Begegnung. Um die Gäste zu erreichen, gelte es Werte zu vermitteln, betonte ÖW-Geschäftsführerin Petra Stolba: „Ankommen ist wichtig, ebenso wie mit Herz und Seele aufgenommen werden.“

Doch allein der Begriff „Regeneration“ lässt viele Möglichkeiten offen, wie Dirk Schmücker, Forschungsleiter des Instituts für Tourismusforschung in Nordeuropa (N.I.T.), klar machte: „Für jeden Menschentyp ist Erholung anders“. Unterschiedliche Beanspruchungen benötige spezifische Erholungsformen. Die internationale Forschung, wie aus Urlaubserwartung wirklich Erholung werde, sei nicht sehr umfangreich, manche Erkenntnisse seien aber doch bemerkenswert. Dass Arbeit nicht das höchste Glück sei, offenbart der „Positive Mood Index“. Dieser steigt kontinuierlich bis Samstag an, um dann abzustürzen. Ähnliche Daten sind auch aus der Urlaubsforschung bekannt. Die ÖW solle sich nicht zu viel Hoffnung machen: „Glaubt man Umfragen, dann sind Menschen nach der Reise nicht glücklicher als vorher“.

Was nicht bedeutet, es gäbe keine Erholung im Urlaub. Sie tritt sogar schneller auf, als gedacht. Nach drei bis sieben Tagen ist das Maximum erreicht, wie die österreichische AMAS-Höhenstudie belegt. Schmücker führte eine für den Tourismus sehr erfreuliche Analyse ins Treffen, die gegen die häufig propagierte Urlaubsdestination „Balkonien“ spricht: „Reisen führt zu einer besseren Befindlichkeit als zu Hause zu bleiben“.Wenn das Glück ein Vogerl ist, ist das Urlaubsglück ein Zugvogel.

Wie sehr dabei die Vorfreude eine Rolle spielt, zeigt der in den Niederlanden erstellte „Burnout-Level“: Schon eine Woche vor dem Urlaub sind potenzielle Reisende erholter, als Nichtreisende. Die positive Wirkung erreicht mitten im Urlaub ihren Höhepunkt, aber zwei Wochen danach ist wieder alles beim Alten. Bei zuvor richtig gestressten Typen ist die Erholung am nachhaltigsten, belegbar erholen sich auch zufriedene Gäste besser, als unzufriedene. Wobei hier von einem Wechselspiel ausgegangen wird.

Weil N.I.T. auch für die Deutsche Reiseanalyse verantwortlich zeichnet, konnte der Wissenschaftler auch mit Trendforschungdaten aus Deutschland die Bedeutung der Erholung belegen. 76 Prozent gehen auf Urlaub, für zwei Drittel steht Entspannung im Vordergrund. Hinzu kommen Ziele wie „frische Kraft sammeln, auftanken“. Österreich liege bei diesen Werten sehr gut. „Sie scheinen auf wichtige Trends gut vorbereitet: Ältere Reisende, hoher Qualitätsanspruch, Multioptionalität“, sagte Schmücker. Doch „blöderweise“ gebe es auch Mitbewerber, die ebenfalls viel versprechen. Wer sich eine Reise nach Österreich vorstellen kann, vergleicht laut Umfrage mit 11,5 Konkurrenzregionen.

Die Auseinandersetzung von Essayist und Philosoph Konrad Paul Liessmann ließ den ökonomischen Aspekt beiseite. Er spürte den Erwartungen und Phantasien, den Tücken und Gefahren des Urlaubs nach und stellte sich auch der Frage, warum in der heutigen Zeit ein gelungener Urlaub für unser Glück notwendig ist. Denn Philosophen zeichnete ein ambivalentes Verhältnis zur Reise aus. Da gab’s den Reisemuffel Immanuel Kant, der Königsberg nie verlassen hatte. Den aber Reiseliteratur und Einladungen Fremder „Google Streets“ vorwegnahm. Viele Intellektuelle beschränkten sich damit, das Ferne zu imaginieren, meint Liessmann und zitiert Soren Kirkegaard: „Die Kunst wäre, trotz daheim zu sein, Heimweh zu fühlen“.

Doch weil die Alpen immer wichtiger wurden, zog es auch die Philosphen in die Berge. So war Friedrich Nitzsche begeisterter Gast in Sils Maria. Er war überzeugt in größerer Höhe leichtere Gedanken zu finden. Auch Thomas Mann und Theodor Adorno waren in diesem Schweizer Hochgebirgsdorf, wobei eine banale Postkarte des Philosophen belegt, was bis heute Entspannung sein kann: „Wanderungen werden unternommen. Keine Gewaltmärsche. Abends pflegt man das Kartenspiel.“

Das Bild der Alpen als Urlaubsziel hat sich in den Köpfen festgenagelt. Die Landschaft als Kontrast von menschlich sanfter Kulturlandschaft im Vorder-, sowie bedrohlicher Bergwelt im Hintergrund. Hier trifft sich die historische und philosophische Analyse mit der Gegenwart der sommerlichen ÖW-Bildsprache. Gepflegt wird dabei laut Scheuch der „weite Horizont“, die Berge rücken in den Hintergrund, stets bilden leicht links von der Mitte überwiegend zurückhaltende Menschen den Blickpunkt, dazwischen sind Wasser oder Wiesen.

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