Winterstart am weißen Band

Roxette in Ischgl

Wenn schon nicht die Pisten zum Opening mitspielen, dann wenigstens die hoch bezahlten Musikstars, Das selbsternannte Alpenibiza war am ersten Wochenende der Skisaison ausgebucht. Als ob das Ischgl umgebende Grün in saftiges Weiß getaucht wäre. Selbst in den benachbarten Orten wie Kappl öffneten bereits erste Hotels, das sonst noch ruhende Galtür bot der Hundertschaft an Journalisten Unterkunft. Roxette rockten im Ort, beglückten mehrere Generationen beim Gratiskonzert vor rund 15.000 Besuchern.

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Abgesehen von 1000 Einheimischen, kann laut Ischgls-Tourismusdirektor Andreas Steibl davon ausgegangen werden, dass zu je einem Drittel Fans der Gruppe, des Saisonstarts in Ischgl und der ersten Pisten zu Roxette gefunden haben. Der Frontman der schwedischen Gruppe Per Gessle musste sich an diesem vergleichsweise lauen Hochgebirgsabend durchaus wohl gefühlt haben. Schließlich sei ihm in Schweden schon ein Babyhang zu gefährlich erschienen: „Also habe ich die restliche Woche an der Bar verbracht“. Damit traf Gessle die Intentionen so mancher seiner Konzertbesucher. Denn während die knackig kompakten weißen Bänder rund um die Idalpe am Samstag noch intensiv genutzt wurden, boten die geöffneten 81 Pistenkilometer am Sonntag den verbliebenen Pistenfans viel Raum. Richtige Schneeberge gab’s auch zu sichten: Sie dienen am 3. Dezember der Außenwette von Gottschalks finaler „Wetten, dass“-Sendung: Der Fight zwischen einem Snowboarder und Downhillbiker wird das Image Ischgls weiter aufpolieren.

Das Samstags-Liftticket war zugleich die Eintrittskarte zum Konzert, die Liftkarte für Sonntag wurde vielfach eingespart. Trotzdem steht für Seilbahnboss Hannes Parth fest: „Nichts käme Ischgl teurer, als das Opening absagen zu müssen“. Für den Start am 25. November mussten die Bergbahnen so tief wie noch nie in die Tasche greifen. Das lag nicht an den Musikstars. Diese kommen beim traditionellen Saisonabschluss-Spektakel, das von Elton John bis zuletzt den „Killers“ bestritten wurde, wesentlich teurer. Der Aufwand dafür kann bis zu einer Million Euro erreichen. „Kostendeckend sind die Konzerte nie!“, sagt Parth. Aber die Wertschöpfung im Gastgewerbe beträgt ein Vielfaches der Kosten.

Teuer kam zum Saisonstart aber die Schneeproduktion. 650.000 Kubikmeter Wasser wurden zu Schnee verarbeitet: Gesamtkosten inklusive anteiliger Investitionen knapp fünf Millionen Euro. Das ist mehr als bis 2010 jeweils für die gesamte Saison, im naturschneearmen Vorjahr waren es 800.000 m3. „Laut Bescheid dürfen wir bis zu 1,1 Millionen Kubikmeter entnehmen“, hofft Parth damit durchzukommen.

Wie hoch die Hürden des Schneemangels beim Saisonstart sein können, erlebte zeitgleich Obertauern. Es war nicht gelungen, die Pisten startklar zu bekommen. Trotzdem versammelten sich 1500 Fans zum Konzert der „Leningrad Cowboys“. Für Walter Veit, Hotel Enzian, nur ein geringer Trost: „Erfreulich, dass es diese Partytiger gibt. Aber natürlich gab es viele Stornos. Denn Gott sei Dank überwiegen die Sportler gegenüber Feiernden.“ Selbst kehrte er vor dem Gespräch gerade mit den wenigen Hausgästen von einer Gamsbeobachtung zurück. „Wenn’s nicht am 7. Dezember richtig los geht, sind die Verluste in der Wintersaison nicht mehr aufholbar“, steht für Veit fest. Der von der Hoteliervereinigung (ÖHV) geschätzte Anteil des Vorweihnachtsgeschäfts von 15 Prozent am Wintertourismus, sei realistisch. Der größere Teil der Mitarbeiter, vor allem die höher bezahlten Fachkräfte erfreuen sich zu seinem Leid einer ungewohnt ruhigen Einarbeitungsphase.

Theoretisch können zurücktretende Gäste zur Kasse gebeten werden. Sofern nicht in einer Pauschale unmittelbar von Schnee oder Skilauf die Rede war, dürfen bei reinen Hotelbuchungen bei kurzfristigen Rücktritten bis zu 80 Prozent des Preises verlangt werden. Theoretisch: „Wir verlangen nichts, lassen die geleisteten Anzahlungen für einen späteren Aufenthalt stehen“, sieht Veit auch bei seinen Kollegen Kulanz als zentrales Zukunftsdenken.

Obwohl bis dato Neuschneezuwächse fehlen, auf den Pisten mehr Rocks und Rockstars als Rocker zu finden sind, starten dieses Wochenende wieder einige in den Winter. Manch Kleine haben schon ihre ersten Kunstschnee-Pistenkilometer geöffnet. Das steirische Turnau etwa oder die Turracher Höhe. Schladming geht das Vor-Weltmeisterschaftsjahr mit ähnlichem Aufwand wie Ischgl an. Seit Freitag sind die Planai-Abfahrt bis ins Tal sowie die Piste rund um den Sessellift Rohrmoos I in Betrieb. Die „Märchenwiese“ trotzte ohnehin schon seit 23. Oktober den Temperaturen. Dem Auftakt-Event mit dem Starpaket Thirty Seconds to Mars, Marlon Roudette und Natalia Kills am Abend des 3.Dezember im neu errichteten WM-Park Planai steht nichts mehr im Wege.

Ungewollt ging es im Paznauntal zum Ende des Openings am Sonntag besonders heiß her. Den heimfahrenden Wintereröffnern kam eine Kolonne von Feuerwehrautos entgegen. Wald und Wiese waren bei Galtür in Brand geraten. Erstmalig wurde um diese Jahreszeit das wertvolle Beschneiwasser mit Hubschraubern einem noch wichtigeren Zweck zugeführt.

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