Vertikal am Weg nach oben

Tourismus Werber entdecken eine neue Generation, die aus den Boulderhallen auf die Gipfel stürmt. Konflikte mit – gar nicht so – alten Bergfexen sollen planiert werden.

 

Die Kraxelei im Fels gewinnt nach einem vorhergehenden Tief in den letzten Jahren immer mehr Anhänger. Das belegen auch topaktuelle Zahlen der für Österreich Werbung (ÖW) durchgeführten Gästebefragung T-Mona . Jeder zwanzigste Sommergast gab an, im Urlaub geklettert zu sein. Wobei keineswegs das Bild der Freeclimber-Massen gezeichnet werden darf. Da zählen Klettersteig-Neulinge ebenso dazu, wie Familien, in Hochseilgärten. In Tirol probierten acht Prozent die Kraxelei einmal im Urlaub aus, drei Prozent gaben an, Ferientage häufiger am Seil hängend (üb)erlebt zu haben.

 

Auch wenn T-Mona aufgrund geänderter Erhebungsmethoden nicht absolut vergleichbar sind, belegen die Zahlen des Salzburger Landes doch den von allen Alpinisten wahrgenommenen Boom: Im Sommer 2011 gaben 3 Prozent der Gäste an einmal, zwei Prozent sogar mehrmals geklettert zu sein. 2008 lag der Gesamtwert noch bei drei Prozent.

Die Basis der neu gewonnenen Begeisterung legen die urbanen Kletterhallen. Und es sind wohl speziell Kinder, die nach Erfahrungen in den Schulen und Hallen den Fels suchen. Denn überdurchschnittlich hoch ist die Kletterei bei Familien mit Kindern vertreten. Die zweite Gruppe sind echte Bergfexe, denn auch der Anteil von Freundesgruppen – überwiegend Männer – ist überdurchschnittlich. Insgesamt listet die ÖW-Urlaubsinformation 100 Klettergebiete und Veranstalter von Kletterkursen. In den meisten Regionen ein kleines Nischenangebot, zählen andernorts Kletterer zu den Hauptdarstellern. Etwa Uttendorf-Weißsee, wo sich der sowohl technisch, als auch konditionell anstrengendste Klettersteig Österreichs befindet. Für die Bergbahn und die Rudolfshütte, deren Hotelhalle von einer enormen Kletterwand geprägt ist, wird für den Kletterspaß ein Kletterpass geboten.

Wie ohnehin Jugendgruppen bei deklarierten Kletterwochen stets eine Kletterhalle als alternatives Schlechtwetterprogramm in der Nähe wissen wollen. Als spezialisierte Angebotsgruppe hat sich bereits vor sieben Jahren in Tirol „Climbers Paradise“ gebildet. Nicht zuletzt dank dafür flüssig gemachter EU-Förderungsmittel erfreut die beim Regionalmanagement Imst angesiedelte Organisation durch höchste Professionalität. Speziell die digitalen Informationen für Kletterer auf der Platttform www.climbers-paradise.com spielen alle Stücke: Von den GPS-Daten des nächsten Parkplatzes bis zu exakten Routenbeschreibungen. Über das neue App sollen auch die aktuellen Tipps anderer Kletterer sofort zugänglich sein.

„Wenn alles online ist kommen mehr Leute. Da muss sich Climbers Paradise (CP) auch um Parkplätze, WCs, also die Infrastrukturen, kümmern“, fordert Alexander Huber, einer der berühmten „Huababuam“ von den Touristikern. Noch etwas heftiger stellt sein um eine Generation jüngerer Kletterkollege Guido Unterwurzacher den schwelenden Konflikt dar: „Wir vertreten die Vollblutkletterer, CP sehen wir als Sprachrohr der Sonntagskletterer. Wir klettern traditionsgerecht, wollen keine Normen, sondern Eigenverantwortung. Die Routen sollen auch für die wilden Hund von morgen erhalten bleiben“.

Gerade in deren Heimatregion Wilder Kaiser prallen durch die Nähe zum Raum München unterschiedliche Interessen aufeinander. Einerseits die „Locals“, zu denen sich grenzüberschreitend auch Alexander Huber zählt. Kletterer in höchsten Schwierigkeitsgraden, die zwischen Erstbegehungen von Extremrouten am anderen Ende der Welt gerne mal die Seele und sich am heimischen Fels baumeln lassen. Rücken Bergführer mit ihrer Klientel an, dann suchen sie aus Sicherheitsgründen „normgerechte“ Routen. Und dann gibt es Kletterer, deren technisches Können noch nicht so ausgeprägt ist, die jedoch unter dem Einsatz zahlloser Bohrhaken die Gipfel erstürmen. „Seit 20 Jahren wird am Wilden Kaiser über eingebohrte Haken gestritten,“ weiß Huber. Gerüchte sagen, dass manche „plötzlich“ wieder verschwinden. Wobei Lukas Krösslhuber als Geschäftsführer des Tourismusverbandes Wilder Kaiser einerseits auf eine existente Arbeitsgruppe hinweist, die für den Interessensausgleich sorgen soll, andererseits zu bedenken gibt: „Wer an unseren touristischen Programmen wie Kinder- oder Schnupperklettern oder Klettersteigtouren teilnimmt, bewegt sich maximal im 4. bis 7. Grad. Auch unser Wunsch ist, die alpinen Routen in Ruhe zu lassen,“ sieht er einen gemeinsamen Nenner mit den Kletterprofis.

Wobei selbst am Wilden Kaiser die Kletterer nur für wenige Farbtupfer im grauen Fels sorgen. Es überwiegen die Wanderer, die bewundernd aufblicken: „Es geht nicht nur um den unmittelbaren Nutzen, sondern um den Mythos Berg“, benennt -Tirol-Werber Josef Margreiter eine weitere Dimension. Gerade Jüngere – kletternde Gäste sind mit im Schnitt 37,4 Jahren markant jünger als andere Österreichurlauber – würden sich angesprochen fühlen. „Und Climbers Paradise kommt aus der Szene. Das ist genau der authentische Auftritt, den wir Werber suchen“.

 

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