Gipfelsturm auf die bequeme Art

Innerhalb eines Jahrzehnts verdoppelte sich die Zahl sommerlicher Bergbahnnutzer. Neben neuen Attraktionen gelten regionale All-Inclusive-Cards als Motoren.

 

 

Innerhalb eines Jahrzehnts haben Österreichs Seilbahnen den Sommer wenn schon nicht lieben, so doch schätzen gelernt. Denn nutzten im Sommer 2001 gerade einmal 6,2 Millionen Gäste eine Bergbahn, waren es 2011 bereits 11,9 Millionen. „Früher wurde nur aufgesperrt, heute bieten die besten österreichischen Sommerbergbahnen ein hochwertiges Basisangebot“, ortet der Geschäftsführer des Fachverbandes Seilbahnen Erik Wolf einen Paradigmenwechsel.

Von zu Beginn sieben, schoss die Zahl der ausgezeichneten Bergbahnen innerhalb von zehn Jahren auf aktuell 41. Wobei die über 200 zu erfüllenden Kriterien dazu führten, dass einige nun wieder das schmückende Logo „Beste Österreichische Sommer-Bergbahnen“ entbehren (müssen). Ober- und Niederösterreich sind Brachland.

In erster Linie wird der Erfolg auf immer zahlreichere Attraktionen am Berg zurückgeführt. Ob Mountainbike-Parcours wie in Leogang, die Hängebrücke am Stubnerkogel bis zu immer zahlreicheren Kindererlebniswelten. „Die Steigerungspotenziale zwischen Mai und Oktober liegen weit über die Wachstumschancen des Winters hinausgehen“, sieht Fachverbandsobmann Franz Hörl rosige Perspektiven. Von 2010 auf 2011 wuchsen die Umsätze um18 Prozent.

Wobei nicht nur alpine Erlebniswelten die Lust auf den Gipfelsturm per Gondel fördern. Immer häufiger sind es Inklusivkarten, die von den Tourismusverbänden an Gäste vergeben werden. Den „Urtyp“ Allgäu-Walser-Card nahm sich Lech zum Vorbild – und stemmte in Folge wohl den größten Gewaltakt. Jedem Gast, der auch nur eine Nacht bleibt, stehen mit der Gästekarte alle Bergbahnen und ein ausgeklügeltes Wanderbussystem gratis zur Verfügung. Mit einem Schlag fand das auf dem Weg zur reinen Skistation befindliche Dorf wieder zurück zur Sommerfrische.

KOSTENLOSER HÖHENRAUSCH DANK GÄSTEKARTE

Es sind gerade die Tourismusverbände in den herausragenden Skizentren, die gerne die Bergbahnen zur Belebung des Sommers verpflichten. Nicht überall klappt das so wie in Serfaus, wo ebenfalls jeder Gast vom ersten Tag an sämtliche Bergbahnen ohne Limit nutzen kann. „2004 stand im Sommer die Bergbahn vor der Schließung. Der Tourismusverband (TVB) beschloss als Mehrheitseigentümer statt dessen kräftig zu investieren“, erinnert sich TVB-Geschäftsführer Josef Schirgi. Eine Kinderattraktion nach der anderen wurde auf den Berg gebaut, das komplette Angebot auf Familien ausgerichtet. Die Zahl der Übernachtungen stieg in der Region Serfaus-Fiss-Ladis seither um 53 Prozent. Wie der Geldfluss zwischen TVB und Bergbahn exakt läuft, wird nicht verraten. Der pauschalierte Anteil an der Ortstaxe werde entsprechend dem Nächtigungsaufkommen an die Bergbahn überwiesen. „An Spitzentagen ist oben der Gastronomieumsatz nicht geringer, als im Winter“, sieht Schirgi einen weiteren Nutzen der Super.Sommer.Card für die Bergbahn.

Voll in die Kurtaxe inkludierte Gästekarten, die freie Fahrt auf allen Seilbahnen ermöglichen, sind aber weiterhin die Ausnahme. Am anderen Ende der Skala stehen bezahlte Regionalkarten, wie Niederösterreich-, Salzburg- oder Kärnten-Card, die in der Regel den einmaligen Besuch der wichtigsten Highlights des Landes kostenlos oder stark ermäßigt ermöglichen. Zwischen diesen beiden Eckpunkten entstehen jüngst regionale Gästekarten, die gratis Bergfahrten bieten, aber nicht ausschließlich über die Kurtaxe finanziert werden.

 

 

 

Die Zell am See-Kaprun-Karte geht in ihren dritten Sommer. Rund die Hälfte aller Beherberger (200 Betriebe mit 7000 Betten) beteiligen sich an diesem Umlageverfahren. Die Hoteliers zahlen pro Übernachtung in einen Topf, wobei technisch der Anschluss ans Meldesystem zusätzliche Bürokratie verhindert. Abgerechnet wird mit den Leistungsträgern nun nach der Frequenz und dem Normalpreis als Gewichtung. Exakte Beträge werden nicht verraten, wobei Kitzsteinhorn-Vorstand J. Peter Präauer zugesteht, dass rund 50 Prozent des Normalpreises in seine Kassen gespült werden sollen. Seit 2009 wuchs die Zahl der sommerlichen Bergfahrer von 80.000 auf 110.000. Wobei durch den Bau der Gletscherwelt 3000 die 75-prozentige Umsatzsteigerung in den Sommermonaten von 2010 auf 2011 nicht sehr aussagekräftig sei. „Wie weit unsere Investition von 6,5 Millionen Euro oder die nur von einem Teil unserer Gäste genutzte Inklusivkarte dafür verantwortlich war, lässt sich schwer sagen“, relativiert Präauer.

Ein ganz ähnliches Model wird diesen Sommer erstmals mit der Ötztal Premium Card umgesetzt. Von Start weg bieten 100 Hotels ihren Gästen mit dem Einchecken unter anderem gratis Öffis, Bergbahnen und Eintritt in den AquaDome. Traditionell anders wird die Cardidee im Gasteinertal umgesetzt. Die Gästekarte gilt im ganzen Tal, kostenlos sind aber nur die Öffis. Sonst gibt’s Ermäßigungen. „Das Angebot ist wichtiger, es muss nicht alles gratis sein“, meint Tourismuschef Martin Zeppezauer. Auch Bergbahner Franz Schafflinger glaubt an dieses Konzept: „Unsere Ermäßigung für die Gästekarte liegt bei rund 15 Prozent. Aber durch die Attraktionen am Stubnerkogel – heuer kommt der Felsenweg dazu – haben sich die Fahrten dort innerhalb von zwei Sommern verdoppelt“.

 

 

 

 

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