Wenn der Komet kommt: Im Myriaden-Sterne-Hotel

Ganz oben auf der Kärntner Gerlitzen schafft der neue Alpengasthof Pacheiner, Sterne und Skilauf in ungewohnt harmonischen Einklang zu bringen. Als erstes Alpenhotel mit eigener Sternwarte.

Das erste Wintererlebnis abseits der Gletscher ging für den skimania diesmal auf der frisch verschneiten Gerlitzen über die Bühne. Zwar war nur ein einsames Lifterl zugange (inzwischen sind es schon mehr), doch es muss ja nicht alles in dramatischer Action starten. Sondern naturnah dank einer Schneeschuh-Wanderung auf der Etappe des Alpen-Adria-Trails. Der alleinstehende Kogel garantiert ein uneingeschränktes 360-Grad-Panorama, so wie die Lage auch im Sommer für von Paragleitern und Modellfliegern geschätzte Thermik sorgt. Mit den leichten Schneeschuhen unter den Füßen können Perspektiven gewonnen werden. Etwa wenn sich der Ossiacher See noch von fast kräftigem Grün umrandet zeigt, während Richtung Süden bereits die tief verschneiten Gipfel Südkärntens und Sloweniens, der Karawanken und Julischen Alpen, das Azur kontrastieren.

 

 

Plötzlich taucht aus diesem Hintergrund ein mächtiger Adler mit 2,40 Metern Spannweite auf, kreist über uns, ehe das Tier zur Landung ansetzt. Zugegeben, kein unvermutetes Naturschauspiel, denn Franziska ist „Patenkind“ der Wirtsleute Petra und Franz Pacheiner, die auf 1.900 Metern Seehöhe nun 31 Hotelzimmer mit insgesamt 72 Betten eröffnet haben. Der prachtvolle Greifvogel, sonst auf Schloss Landskron daheim, klammert seine 5-cm-Krallen in den von dickem Leder geschützten Arm seines Betreuers. Nur wenn Franziska mangels Aufwinds einige Meter faul durch den Schnee stapft, büßt sie augenblicklich ihr Attribut „majestätisch“ein.

Hat sich später der Himmel verdunkelt, richtet sich der Blick noch intensiver zu ihm. Denn die einmalige Sternwarte mit ihrem 600mm-Telescope-EngineeringUSA kann selbst jemanden begeistern, dem bisher die Sterne mehr oder weniger Schnuppe waren. Die Kuppel misst 3,6 Meter, das Teleskop schätzen die Experten auf 200.000 Euro. So verschwindet die Tragik jedes Sterns, der tagsüber auf der Piste gerissen wurde, gegenüber der planetaren Unendlichkeit. Der faszinierende Orionnebel, die Galaxien 81 und 82, und schließlich das Pflichtprogramm eines jeden Freds: Der Blick zum fast blendenden Jupiter, mit zwei erkennbaren Nebelbändern. Nur der Komet machte sich unsichtbar. Denn Ison, der Jahrhundertkomet, hat sich blöderweise zu nah an die Sonne gewagt, was ja seit Ikarus bei allen Flugobjekten schwer verpönt ist.

 

Keiner soll glauben, man schaut ins Teleskop und im Handumdrehen eröffnet sich ein Bild wie aus „Raumschiff Enterprise“. Das braucht Übung, Geduld, Anleitung, obwohl die modernen Teleskope ihr gewünschtes Zielobjekt nach namentlicher Eingabe eigenständig lokalisieren. Dann drehen sich die Kuppelöffnung und Teleskop automatisch zum Ziel. Als Astronom Michael Risch verriet, dass um fünf Uhr früh die Chance bestehe, einen anderen Kometen zu erspähen, ward Frühschicht angesagt.

 

LOVEJOY UM FÜNF

 

In der klirrenden Morgenkälte regiert die Vorfreude, bis das ausgerichtete Fernrohr nach einer Eingewöhnungsphase offenbart: Oben rechts ist Komet Lovejoy. Nun, das helle Licht mit trüben Schweif hat zwar wenig mit dem die Heiligen Drei Könige begleitenden Stern aus dem Bilderbuch gemein. Aber das tut der Begeisterung keinen Abbruch. „Da wird einem halt angst und bang, die Welt steht auf kein’ Fall mehr lang“, schrieb Nestroy in seinem Kometenlied. Derartige Ängste konnten oben auf der Gerlitzen nicht aufkommen, dafür ist der noch bis Jahresende zu beobachtende Komet Lovejoy zu weit entfernt. Das Zittern war allein den Temperaturen geschuldet. Nichts wie retour ins warme Bett, noch kurz den Blick durch die Glasfront auf Villach gerichtet, deren Lichter weit unten wie eine kleine Milchstraße funkeln, für eine kurze Rast, ehe der Skitag auf der Gerlitzen wartet.

 

Fred Fettner

 

 

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