Selbst ist der Schnee

 

Ohne Beschneiungsanlagen stünde Österreich diesen Winter um 900 Millionen Euro ärmer da. Mag diese vom Obmann der Seilbahnen Franz Hörl kolportierte Zahl auch in die Kategorie Lobbying-Konstrukt gehören – einst gab es dafür die Bezeichnung Milchmädchenrechnung – bleibt die Tatsache bestehen: Ohne der kräftigen Investitionen in Schneemaschinen würde in diesen Jännertagen der Wintertourismus auf Sparflamme kochen. Wie aktuell jene Voralpenregionen belegen, die ohne Schnee auskommen müssen.

 

 

 

„Da in Skigebieten wie bei mir auf der Gerlos eigenen bis zu 100 Prozent beschneit werden, wir österreichweit aber bei rund 60 Prozent beschneite Pisten liegen, gibt es auch welche mit Problemen“, weiß Hörl. Das Fehlen von Minusgraden, selbst in höheren Lagen, habe bisher kaum Auswirkungen. „Wir haben im November an zehn kalten Tagen aus allen Rohren geschossen – und diese Grundbeschneiung hält zumeist noch“, weist der Oberseilbahner auf eine bereits seit mehreren Jahren zu beobachtende Tendenz hin: In der regelmäßig eintreffenden Kälteperiode im Herbst werden die Inhalte der Speicherseen ins begehrte Winterweiß gewandelt. Deshalb seien bisher auch keine Mehrkosten für die Bergbahnen zu verzeichnen. Nicht gerüttelt soll am „Reinheitsgebot“ für technisch erzeugten Schnee werden, der sich nur aus Wasser und Luft zusammensetzt. „Wir wissen, dass die bakteriellen Zusätze, wie sie etwa in Graubünden erlaubt sind, unbedenklich wären, aber wir brauchen sie nicht“, will Hörl Umweltschützern keine neue Munition liefern. Ganz harmlos sind die den Gefrierpunkt anhebenden Zusätze wohl auch nicht: „In meiner Zeit in Vail hat es in den Tauphasen im Frühjahr auf den Pisten ziemlich gestunken“, erinnert sich der Bad Hofgasteiner Skilehrer Christian Zehentner an US-Aufenthalte.

 

Glaubt man dem Chef der Tiroler Skilehrer, Richard Walter, dann sind heute Kunst- und Naturschnee nicht nur chemisch, sondern auch in der Konsistenz auf der Piste nicht mehr zu unterscheiden. „Ohne Beschneiung könnten die saisonal bis zu 7000 Tiroler Skilehrer nicht ihren Job ausüben“, führt Walter ein Argument ins treffen, dass Tirols Gemeindeverbandspräsident, Söldens Bürgermeister Ernst Schöpf im Rahmen einer Pressekonferenz auf eine allgemeine Ebene hob: „So sind wir vor regionalen Wirtschaftskrisen und in Folge öden Talschaften gefeit“. Wobei das Schreckensszenario aus frühlingslauen Luft gegriffen ist, denn keiner will die Beschneiungsanlagen abstellen. Was zum Aufschrei geführt hat, war die Forderung des Tiroler Landesumweltanwalts, keine Beschneiung über 2500 Meter zuzulassen. Für Hörl ist die Forderung schlicht skurril und auch Schöpf unverständlich, da er keinerlei umweltrelevante Argumentation entdecken konnte.

 

In beschneiungsintensiven Jahren wurde in der Vergangenheit oft von den Bergbahnen eingefordert, dass sich die Hotellerie an den Kosten beteiligen soll. Für Schöpf schon immer eine unmoralische Forderung, schließlich sei die Beschneiung eine Kernkompetenz der Bergbahnen. Doch auch für Hörl ist diese Diskussion heute vom Tisch.

 

Zu Recht, schließlich kassierten die Bergbahnen im Vorjahr 1.243 Millionen Euro, wobei zuletzt über 88 Millionen in Beschneiungsanlagen investiert wurden. Die verlorenen 900 Millionen Euro Tourismusumsatz entstanden rekrutierten aus dem gewagten Ansatz, dass alle 8,6 Millionen Skierdays die in den Monaten November und Dezember erzielt werden, weggefallen würden. Inklusive der Gletscher und schneereicher Regionen, wie derzeit im Süden. In dieser Rechnung stehen sämtliche Hotels der Skiregionen leer, sind alle arbeitslos… Wenn das Weiß fehlt sehen manche halt ganz schwarz.

 

Fred Fettner

 

 

 

 

 

 

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