Wellness wird zum Luxusgut


In Österreich nahm der Wellness Guide Relax 2011wie gewohnt all jene Hotels in Augenschein, die in ihrem Außenauftritt mit Wellness werben. 989 waren es diesmal, um 43 mehr als zuletzt. Mit 18 Häusern stellte das Land Salzburg die meisten Neulinge. „Es bleibt beim Wachstum, doch dieses liegt signifikant unter dem vergangenen Boomjahrzehnt“, bilanziert Herausgeber Christian Werner. Reduziert hat sich dieses Jahr aber die Zahl der vergebenen Lilien. Nur 294 Betriebe erhielten als Qualitätsbeweis eine bis vier Lilien.

Die Begründung seitens der Relax-Macher: Die Sauna- und Spazeiten wurden in den vergangenen Jahren drastisch reduziert. Beim Essen halten vorgefertigte Convinience-Produkte in vielen Hotels Einzug. Und die Poolwasser-Hygiene habe sich keineswegs gebessert. Vor zwei Jahren hatte gerade dieses Thema für großen Aufruhr in der Hotellerie gesorgt. Werner hatte nur „einem Bruchteil“ der getesteten Hotelbetriebe bescheinigt, bei der Hygiene den gesetzlichen Bestimmungen zu entsprechen. Weiterhin hält Werner diese Kritik aufrecht. In den Morgenstunden fallen die Tests unverändert schlecht aus.

In den meisten Kritikpunkten spiegelt sich ein Widerspruch zwischen ökologischen Anliegen und den Ansprüchen der je nach Saison 23 bis 43 Wellnesstester wider. Die Wellnessbereiche werden in Zeiten häufiger ihrer Funktion beraubt, wenn ohnehin kaum Gäste in die Wellness drängen. Etwa in Wander- oder Skihotels bis in den frühen Nachmittag hinein. Ebenso dürfte auch die Morgenmüdigkeit der Poolwässer auf Energiesparmaßnahmen zurückzuführen sein. Denn über Nacht wird werden die Aufbereitungsanlagen abgestellt.

Speziell wo kein Thermalwasser verfügbar ist, schlagen die Energiekosten durch. Gestiegene Öl- und Strompreise wirken sich auch beim Kundenpreis aus. „Mit 5,1 Prozent ist der Durchschnittspreis 2010 extrem stark gestiegen. Schlimmer war es nur bei der Euroumstellung“, sagt Werner. Die Analyse zeigt, dass die Preiserhöhung schon 2009 bei 4,1 Prozent lag.

Diese Zahlen verwundern wiederum den Generalsekretär der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) Thomas Reisenzahn: „Alle Statistiken und Umfragen zeigen rückläufige Beherbergungsumsätze und Erträge.“ Doch der Relax Guide vergleicht jeweils die Listenpreise. Der durchschnittliche Ab-Preis Halbpension in der billigsten Saison liege demnach bei 81,22 Euro. Würden die Angaben so stimmen, zeige das die gesunkene Preisdurchsetzung der Hotellerie, entgegnet Reisenzahn. Pauschalangebote und Sonderaktionen über neue Vertriebskanäle würden zu deutlicheren Preisnachlässen führen, als in der Vergangenheit. Erkennbarer Schwachpunkt beim Relax-Preisvergeleich: Unberücksichtigt bleibt die Fluktuation. Es kann davon ausgegangen werden, dass Neueröffnungen mehr Qualität bieten und im Schnitt höhere Preise verlangen.

Einigkeit herrscht zwischen Werner und Reisenzahn über die Rolle des Energieaufwands. Laut ÖHV-Analyse stiegen die Kosten für Energie in den vergangenen sieben Jahren um 27 Prozent, vier Mal so stark wie etwa der Personalaufwand.

Wer glaubt, der in den Jahren der Wirtschaftskrise sprunghaft gestiegene Listenpreis könnte Gäste ins benachbarte Ausland treiben, für den bringt der „Relax Guide“ Erstaunliches zu Tage. „Berücksichtigt man die Mehrwertsteuersenkung in Deutschland, gab es dort sogar eine unglaubliche Preiserhöhung von 13,5 Prozent in der Spa-Hotellerie“, sagt der Relax-Herausgeber. Mit 2,1 Prozent Plus wurde trotz reduziertem Mehrwertsteuersatz die Inflationsmarke wie schon 2009 deutlich übertroffen. Besonders für Firmen, die Seminare oder Gesundheitsaufenthalte durchführen, sei die Mehrbelastung eklatant. Werner: „Trotz eines höheren Mehrwertsteuersatzes von 10 Prozent sind in Österreich die Spa-Hotelpreise deutlich niedriger als in Deutschland.“

Andererseits ortet Werner eine im wahrsten Sinne des Wortes schmerzliche Qualitätsschwäche bei Massagen. „Die Qualität war noch nie so schlecht wie heuer. Es ist grenzwertig, wenn eine Kosmetikerin nach zwei Tagen Crashkurs Massagen verabreicht“, beklagt Werner. Besonders Saisonhotels haben Schwierigkeiten für das wachsende Spa-Angebot qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Die besten Kräfte verdienen in den Städten meist wesentlich besser. Und wie heißt es im seit 15. Oktober im Buchhandel befindlichen Relax-Guide etwa zum Luxushotel Interalpen, Telfs: „…haarsträubend schlechte Massage, eine unfassliche Frechheit, noch dazu mit höchst seltsamer Reaktion des Managements“. Das sind die Texte, mit denen sich Christian Werner in Österreichs Hotellerie wenig beliebt macht. Aber, so merkte der Direktor vom Hotel „Der Steirerhof“ Werner Unterweger anlässlich der Guidepräsentation in Bad Waltersdorf an: „Der Relax-Guide mag in der Branche umstritten sein, aber er hat sich über die Jahre als gute Richtlinie für das Wellness-Angebot etabliert.

Info:

Relax Guide 2011, mit Sonderteil Ayurveda-Kuren in Europa (21 Kurhäuser)

Österreich-Ausgabe 989 Häuser, 294 mit Lilien ausgezeichnet

Deutschland-Ausgabe 1327 Häuser, 266 mit Lilien ausgezeichnet

Im Buchhandel um 17,90 Euro

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