Wachstum nur durch neue Märkte

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Die noch unveröffentlichte Destinationsstudie 2010 der öHV belegt einen weiterhin zu geringen Nationenmix in Österreichs Ferienregionen. Experten bezweifeln, ob höhere Werbebudgets allein die Situtation verbessern könnten.

Höherer Werbeaufwand = zusätzliche Herkunftsmärkte = verbesserte Wertschöpfung: Diese Rechnung stellte im Rahmen des bereits traditionellen „Gipfelgesprächs zum Winterauftakt “in Obergurgl der Präsident der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) Sepp Schellhorn auf. Seine internationalen Mitdiskutanten im 2670 Meter hoch gelegenen Wintergarten auf der „Hohen Mut“ bestätigten die notwendige Internationalisierung in Zeiten dramatischer ökonomischer Veränderung. Die reine Forderung nach mehr Geld für die Österreich Werbung sei aber zu kurz gegriffen.

Zuerst sei zu klären: „Was bin ich, wofür stehe ich“, führte Rupert Simoner ins Treffen. Der Kärntner Topmanager in Diensten der expansiven Luxushotelkette Kempinski, die in wenigen Tagen in Kitzbühel ihr erstes österreichisches Hotel eröffnet, verwies auf seinen Brötchengeber: „2009 hinterfragte das Unternehmen erstmals seine dna. Das sollten Destinationen ebenfalls schaffen“. Erst wenn das Produkt passe, sei der Verkauf erfolgreich. Auch der Schweizer Destinationsmanager Reto Gurtner aus Laax sieht Österreich keineswegs optimal aufgestellt. Die Unterkünfte seien überwiegend gesichtslos und austauschbar. Die Schweiz habe dem gegenüber seine Strukturen bereinigt, Vernetzung im touristischen Verkauf als entscheidend erkannt und leide allein unter dem hohen Franken: „Der treibt sogar unsere Schweizer zu euch“.

Vor dem Hintergrund, dass touristisches Wachstum nicht mehr in Europa passiere, erwartet Andreas Braun, Swarovski Kristallwelten, eine „Bereinigung“ des heimischen Angebots. Nicht schwache Betriebe sollten gefördert werden, sondern innovative, die gleichzeitig die Stärken des authentischen Angebots widerspiegeln. „Viele glauben noch an die Gesamtidylle Alpen. Aber die Produktsicherheit wird immer mehr zur Illusion, Markenbildung ist nur embryonal ausgeprägt“, unkte der ehemalige Tiroler Tourismusdirektor.

Auch die von Buchautor Walter Sonnleitner beim Gipfelgespräch beigesteuerte weltökonomische Begleitmusik verstärkte die triste Stimmung. Das konnte auch der Blick auf die noch spärlich verschneite n Gipfel der Ötztaler Bergwelt nicht wettmachen. Dem gegenüber präsentierte die erste Auswertung der ÖHV-Destinationsstudie 2010 in erster Linie Erfolgsmodelle. So schafft die Region Zell am See-Kaprun ein Unikat. Gleich sieben Herkunftsmärkte bringen drei Viertel aller Gäste. In anderen Spitzenregionen Österreichs, wie dem Gasteinertal, Ötztal oder am Arlberg, sind es fünf, während im Österreichschnitt nur drei Nationen das Gros der Gäste stellen. Trotzdem ist der ÖHV der „Beweis“, dass ein breiterer Mix bei den Herkunftsmärkten ein höheres Preisniveau bewirke, nur bedingt geglückt. Das Vorzeigemodell Zell am See zeigte sich zwar bei Parametern wie der Beschäftigungszahl oder Logie-Erlösen stark, aber das Gasteinertal schaffte ähnliche Werte. Während das Ötztal und die überwiegend einsaisonale Arlbergregion bei den Zimmerpreisen wesentlich höher liegen, als die Pinzgauer Region. Aber all die genannten Destinationen lagen bei Logie-Erlösen und Mitarbeiterzahl markant über dem österreichischen Durchschnittswert.

„Egal ob Nächtigungen, Umsätze oder die Zahl der Mitarbeiter: Unsere international aufgestellten Destinationen führen klar“, fasste Schellhorn die Sonderauswertung der Destinationsstudie zusammen. Der ÖHV reichte das Zahlenmaterial, um einmal mehr ihre Forderung nach verstärkter Internationalisierung zu erheben. Legt man die Prognosen der Welttourismusorganisation für die nächsten 20 Jahre zugrunde, müsste Österreich bei den Gästeankünften alljährlich um 2,5 Prozent zulegen. Weil Experten davon ausgehen, dass der Binnenmarkt auf Dauer maximal ein Prozent pro Jahr wachsen kann, müssten alljährlich um drei Prozent mehr Ausländer ins Land kommen. Im abgelaufenen Jahrzehnt lag dieser Wert aber nur bei 2,04 Prozent pro Jahr. Um einen besseren Internationalisierungsgrad zu erreichen, müsse das Budget der Österreich Werbung aufgestockt werden. „Schweiz Tourismus investiert pro Übernachtung bereits fünf Mal soviel, wie Österreich“. Wobei dieser Vergleich nicht berücksichtigt, dass es bei den Eidgenossen keine den österreichischen Landestourismusorganisationen vergleichbaren Werbebudgets gibt.

TUI-Österreich-Vorstand Klaus Pümpel, der Österreichs Tourismus auch anhand aktueller TUI-Buchungszahlen keineswegs am absteigenden Ast sieht, verwies in Obergurgl auf die Schwierigkeit, neue Märkte aufzubauen. TUI investiere seit Jahren verlustreich in künftige Massenmärkte wie China, Indien und Russland. „TUI ist seit zehn Jahren in China aktiv. Aber erst jetzt haben wir die Konzession für Outgoing-Tourismus erhalten.“ Es brauche Kontinuität und Kapital, um auf diesen Märkten zu reüssieren. „Vergessen sie nicht: Auch der Deutsche ist ein internationaler Gast“, ergänzte Pümpel. Und beim Skitourismus seien die Ostmärkte in Österreich ebenfalls schon gut vertreten. Wobei er mit diesem Hinweis offene Türen einrannte, denn die Nahmärkte standen als Basis der künftigen Tourismusentwicklung bei allen Diskutanten außer Frage.


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