Ein Drittel geschrumpft


Im neuen Ski Guide Austria wurden, soweit von den Bergbahnen errechnet, bereits die neuen Angaben zu den Pistenlängen eingefügt. Während in der Wintersaison 2012/13 das Großglocknerresort Kals-Matrei noch 110 Pistenkilometer auswies, „schrumpfte“ das Skigebiet für diesen Winter auf 37 Pistenkilometer.: Leicht 8,5 km, Mittel 22,5 km und als schwierig wurden 6 km klassifiziert. Hinzu kommen 4,6 Kilometer an Skirouten. Ein weiteres Beispiel gefällig? Am Stubaier Gletscher wurden uns im Vorjahr 90 Pistenkilometer angegeben, dieses Jahr sind es 62.

Die schrumpfenden Skigebiete haben natürlich nichts damit zutun, dass die Pisten im Klimawandel dahinschmelzen. Es liegt an einer neuen Berechnungsform. Nachdem Journalist und Kartograf Christoph Schrahe im Jänner 2013 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Ergebnisse seiner Studie „Die 50 größten Skigebiete der Welt“ mit dem Vorwurf garnierte, die Berechnung der Pistenlängen erfolge seitens der Bergbahnen willkürlich, war eine Diskussion entbrannt. Denn auch innerhalb der Seilbahnwirtschaft war seit längerem klar, dass längst nicht mehr die Seilbahnprofis, sondern deren Marketingabteilungen die Kilometerangaben bestimmten. Dass breitere Pisten mehrfach berechnet werden, sich bei größeren Marketingverbünden Abfahrten gerne verdoppeln, all das war kein Geheimnis. Weil offensichtlich kommt es zumindest hier auf die Größe an.

 

 

Als „Bild“ Schrahes Vorwurf zum Auftritt „So schummeln die Skiorte“ multiplizierte, war Feuer am Dach. Denn zu offensichtlich stimmten die GPS-Messungen der effektiven Fahrstrecken nicht mit den offiziellen Angaben überein. In Tirol begannen Konsumentenschützer diese Tatsache mit halbleeren Waschmittelpackungen zu vergleichen – und empfahlen angesichts teurer Liftkarten Geld zurückzufordern. Alles Grund genug für Österreichs Seilbahnen sich – spät, aber doch – am 28. Mai 2013 zu einer Empfehlung bei der Berechnung der Pistenlängen durchzuringen. Man muss Österreich Seilbahnwirtschaft dabei zugute halten, dass schon zuvor auf der internationalen Seilbahntagung in Innsbruck der Versuch unternommen wurde, eine international einheitlichen Weg zu finden. Es kam aber zu keinem Beschluss. Doch die nunmehrige Empfehlung sei mit Deutschland und der Schweiz abgestimmt, Frankreich, Italien und Slowenien könnten noch folgen. Prinzipiell steht es aber jedem Seilbahnunternehmen weiterhin frei, wie es seine Pistenlängen angibt. Im Falle des Ski Guide Austria 2014 wurde, wo die Informationen eindeutig waren, der Hinweis „neue Berechnungsmethode“ angeführt. Manche Gebiete, vor allem Gletscher, geben nun zusätzlich auch die Hektar der zu befahrenden Fläche an. Wie in den USA üblich.

Die neue Berechnungsform basiert auf der Schräglinie, manche nennen es auch schräge Falllinie. Abzweigungen dürfen nur mehr in ihrer effektiven Länge angegeben werden, breite Teilstücke dürfen nur dann doppelt gezählt werden, wenn sie auch unterschiedlich (zB. blau und rot) markiert sind.

 

Ein durchschnittlicher Prozentwert, um wie viel die Pistenlängen geschrumpft sind, ist schwer zu ermitteln. Im Fall der doch repräsentativen Skiwelt Amadé gab es insgesamt einen rechnerischen Rückgang von 960 auf 760 Pistenkilometer, also knapp 20 Prozent. Nach Erscheinen des Ski Guides wurde das Thema von mehreren Seiten aufgegriffen. Von Seiten des Konsumentenschutzes (konsument.at) spricht man von 40 Prozent Pistenverlust, was im Schnitt sicher zu hoch gegriffen ist. Denn bei zahlreichen Regionen sind keine Änderungen nötig. So war etwa Saalbach-Hinterglemm schon bei Strahe als löbliche Ausnahme erwähnt gewesen und in Niederösterreich brachte die Nachmessung auch kaum Differenzen. Gleiches gilt für den Arlberg. Die Silvretta Arena (Ischgl/Samnaun) differenziert: So werden auf der Homepage „gefahrenen Länge, sportliche Fahrt“ (283 Kilometer), „schrägen Länge, Schussfahrt“ (172 Kilometer) und „horizontale Länge, GPS-Messung“ (163 Kilometer) angeführt.

 

Fred Fettner

 

 

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